Schilddrüse und Verhalten
Blutuntersuchung und Auswertung
Tabletten helfen
Die Schilddrüsenunterfunktion ist eine der häufigsten Hormonstörungen beim Hund. Sie bewirkt nicht nur körperliche Veränderungen, sondern kann auch das Verhalten beeinträchtigen: Diese Hunde zeigen oft starke Stimmungsschwankungen. Dr. Thomas Görblich erklärt die wichtigsten Punkte zu Erkennung und Behandlung.
Neben der klassischen Form der Schilddrüsenunterfunktion mit schütterem Fell, Trägheit und aufgedunsenem Gesicht unterscheidet man seit einigen Jahren auch eine so genannte subklinische Form, bei der die klassischen Anzeichen fehlen. Hier treten stattdessen subtilere Symptome auf, die sich am deutlichsten im Verhalten niederschlagen: Betroffene Hunde sind oft launisch und zickig, urplötzlich aggressiv oder unbegründet ängstlich und nervös. Mit Stress können sie nur schlecht oder gar nicht umgehen, sie lassen sich leicht ablenken und nur mit Mühe bändigen.
Krank oder Flegel?
Die Anzeichen sind natürlich nicht sehr charakteristisch, sie können im Grunde auch bei jedem gesunden Hund auftreten. Typisch ist aber, dass kompetent ausgeführte Erziehungsversuche scheitern. Manche Hunde stieren plötzlich ins Leere und sind minutenlang nicht ansprechbar. Andere laufen beim Spaziergang ohne ersichtlichen Grund mit voller Wucht in die Leine. Viele dieser Hunde lassen sich bald nur noch in Garten oder Wohnung halten oder enden gar im Tierheim. Dabei kann eine recht einfache Behandlung den Hund heilen oder zumindest die Anzeichen deutlich mildern, vorausgesetzt es handelt sich tatsächlich um einen Mangel an Schilddrüsenhormonen.
Blutuntersuchung und Auswertung
Genau das ist aber nicht ganz einfach nachzuweisen. Mit Hilfe einer Blutuntersuchung wird das Schilddrüsenhormon Thyroxin gemessen. Eine subklinische Schilddrüsenunterfunktion ergibt hier Werte, die im unteren Bereich der Norm liegen, also offiziell “in Ordnung” sind. Das ist auch der Grund warum diese subklinische Störung lange Zeit kontrovers diskutiert wurde. Erst in den letzten Jahren bildete sich eine Art Konsens darüber, wie die Werte im unteren Normbereich interpretiert werden sollten. Tierärzte gehen nun mehr und mehr dazu über, bei verhaltensauffälligen Hunden auch ein Schilddrüsenprofil erstellen zu lassen, interpretieren die Befunde aber mit besonderer Vorsicht. Gibt diese Untersuchung Hinweise auf einen möglichen Mangel, kann ein Therapieversuch zeigen, ob der Hund von der Erkrankung betroffen ist.
Auslöser eines Hormonmangels
Ursache für den Mangel an Schilddrüsenhormonen ist in den weitaus meisten Fällen eine Autoimmunerkrankung, bei der das körpereigene Immunsystem des Hundes Zellen der Schilddrüse angreift. Dadurch kann das Organ nicht mehr genug von dem Schilddrüsenhormon Thyroxin bilden und ausschütten. Thyroxin dient vor allem dazu, den Stoffwechsel anzuregen. Bei einem deutlichen Mangel werden betroffene Tiere daher träge und antriebslos. Wie genau es zu dem eher umgekehrten Effekt mit Nervosität, Aggression und Unberechenbarkeit kommt, wenn die Thyroxin-Werte am unteren Normbereich liegen, ist nicht geklärt.
Tabletten helfen
Zur Behandlung erhält der Hund das Schilddrüsenhormon Thyroxin in Form von Tabletten oder als Flüssigkeit. In der Regel beginnt der Tierarzt die Therapie zunächst in geringen Dosen, die er dann nach und nach steigert, bis eine Wirkung erkennbar ist. Dann ist die Behandlung der Erkrankung denkbar einfach: Der Hund erhält täglich seine Dosis Thyroxin und zeigt oft sehr dramatische Verbesserungen, sowohl bei den klinischen Anzeichen als auch im Verhalten. Die Therapie ersetzt aber nicht die Erziehung, sondern ebnet nur den Weg dazu. Deshalb ist es auch wichtig, die Erkrankung möglichst frühzeitig zu erkennen und zu behandeln, denn das erhöht die Chancen darauf, den Hund doch noch in den Griff zu bekommen und eine stressfreie und belastbare Beziehung aufzubauen.
Muss ich Jod geben?
Bei Schilddrüse denken viele sofort an Jod. Das Schilddrüsenhormon Thyroxin enthält drei (T3) bzw. vier (T4) Jod-Atome, daher benötigt die Schilddrüse eine regelmäßige Zufuhr von Jod über die Nahrung. Beim Hund spielt eine Unterversorgung mit Jod im Gegensatz zu uns Menschen keine große Rolle. Da er eine sehr fleischreiche Kost erhält, ist ein Mangel sehr unwahrscheinlich.