Ist meine Hündin scheinträchtig?
Deine Hündin verhält sich nach Ende ihrer Läufigkeit anders als sonst? Sie schläft mehr, reagiert aggressiv auf andere Hunde oder hat ein geschwollenes Gesäuge? Dann könnte sie scheinträchtig sein. Ihr Hormonspiegel entspricht dem einer trächtigen Hündin, obwohl sie nicht gedeckt wurde. Wir erklären, welche Ursachen eine Scheinträchtigkeit hat und ob man sie behandeln sollte.
Bei einer Scheinschwangerschaft oder Scheinträchtigkeit kommt es etwa 4 bis 8 Wochen nach der Läufigkeit zu hormonellen Veränderungen. Die Hündin zeigt verschiedene Anzeichen, die auf eine Scheinträchtigkeit hindeuten: Sie hat ein größeres Ruhebedürfnis und schläft mehr. Phasenweise wirkt sie ruhelos und angespannt. Das Gesäuge schwillt an und produziert eventuell sogar Milch. Die Hündin verhält sich zum Teil aggressiv gegenüber anderen Hunden und zeigt starkes Nestbauverhalten, indem sie Gegenstände oder Spielzeug sammelt und zu ihrem Schlafplatz trägt.
Symptome einer Scheinträchtigkeit
- lethargisches Verhalten
- gesteigerter Appetit, zum Ende der Scheinträchtigkeit auch Appetitlosigkeit
- erhöhtes Schlaf- und Ruhebedürfnis
- gesteigertes Nähebedürfnis
- aggressives Verhalten gegenüber anderen Hunden
- geschwollene Milchdrüsen mit Milchbildung
- Nestbauverhalten
- Sammeln von Spielzeug und Gegenständen
Hormone: Was passiert genau?
Bei der Scheinträchtigkeit von Hunden spielen 2 Hormone eine bedeutende Rolle: das Progesteron und das Prolaktin. Die beim Eisprung entstandenen Gelbkörper produzieren das Hormon Progesteron – egal, ob eine Hündin gedeckt wurde oder nicht. Das Progesteron ist dafür verantwortlich, eine eventuelle Trächtigkeit aufrecht zu erhalten und die Gebärmutterschleimhaut auf das Einnisten der Embryonen vorzubereiten. Erst nach etwa 2 Monaten hat der Organismus die Gelbkörper abgebaut. Der Progesteronspiegel sinkt.
Jetzt kommt das Elternhormon Prolaktin ins Spiel: Prolaktin wird in der Hirnanhangsdrüse produziert und stimmt die Hündin auf die Mutterschaftsrolle und die Jungtierbetreuung ein. Eine erhöhte Prolaktinproduktion erfolgt bei Hündinnen, die trächtig waren und Welpen bekommen haben, und bei Hündinnen, die nach Abschluss der Läufigkeit die Phasen der Scheinträchtigkeit und Scheinmutterschaft durchlaufen. Auch die Anwesenheit einer schwangeren Frau, eines Säuglings oder eines Welpen kann eine erhöhte Prolaktinausschüttung bewirken – sogar bei kastrierten Hündinnen. Das Brutpflegeverhalten, aktiviert durch die Prolaktinausschüttung, äußert sich unter Umständen durch Buddeln von Wurfhöhlen und Bemuttern von Kuscheltieren.
Warum werden Hunde scheinträchtig?
Eine Scheinträchtigkeit ist keine Erkrankung oder Störung, sondern ein Relikt aus Zeiten des Wolfes. Im wild lebenden Wolfsrudel werden nur die ranghöchsten Tiere gedeckt. Der Zyklus der Wolfshündinnen innerhalb eines Rudels verläuft überwiegend synchron. Die Scheinträchtigkeit soll den Fortbestand des Wurfes sichern: Scheinträchtige Wolfshündinnen können als Amme einspringen und den Wurf der Leitwölfin säugen.
Zeigt eine Hündin Symptome einer Scheinträchtigkeit, besteht also kein Grund zur Sorge. Es handelt sich um einen natürlichen Vorgang, der im Rahmen des Sexualzyklus abläuft. In vielen Fällen klingen die Symptome nach und nach von selbst ab. Heute sind häufiger kleine Hunderassen von Scheinträchtigkeiten betroffen. Du kannst deiner Hündin helfen, indem du sie durch Spaziergänge und Beschäftigung ablenkst.
Tipps zur Behandlung
Beeinträchtigt die Scheinträchtigkeit die Hündin so massiv, dass sie darunter leidet, solltest du eine:n Tierarzt/Tierärztin hinzuziehen. Anhaltende Ruhelosigkeit, Appetitlosigkeit und Apathie sowie aggressives Verhalten können die Hündin und ihr Umfeld belasten.
Manche Hündinnen neigen dazu, ihr Gesäuge übermäßig zu lecken, was wiederum die Milchproduktion anregt und eine schmerzhafte Entzündung nach sich ziehen kann. Auch in diesem Fall solltest du die Hündin in die Tierarztpraxis bringen. Der Tierarzt/die Tierärztin kann Medikamente zur Hemmung des Milchflusses verabreichen und die Entzündung behandeln. Das kurzzeitige Tragen eines Schutzkragens kann das Lecken verhindern, bis die Entzündung abgeklungen ist.
Kastration als Lösung?
Eine Kastration sollte niemals als routinemäßiger Eingriff oder aus Gründen der Bequemlichkeit in Erwägung gezogen werden. Aus ethischer wie aus tierschutzrechtlicher Sicht gemäß § 6 des deutschen Tierschutzgesetzes (“Amputationsparagraf”) ist eine operative Entfernung der Eierstöcke ohne medizinische Grundlage verboten.
Leidet eine Hündin jedoch immer wieder erheblich und wirkt regelrecht depressiv, sind verschiedene Behandlungsmöglichkeiten zu besprechen. Im Raum steht dann unter Umständen auch eine Kastration, bei der die Tierärztin/der Tierarzt die Eierstöcke entfernt. Diese sind hauptverantwortlich für die Produktion des weiblichen Sexualhormons Östrogen. Fehlt das Östrogen, stoppt das den Zyklus der Hündin. Sie wird nicht mehr läufig und kann sich nicht mehr fortpflanzen. Eine Kastration erfolgt allerdings nicht in der akuten Phase einer Scheinträchtigkeit, sondern erst dann, wenn sich der Hormonhaushalt der Hündin wieder normalisiert hat.
Vorsicht: Bei jungen Hunden muss sich der Zyklus häufig erst einpendeln. Anfängliche Schwierigkeiten verlieren sich unter Umständen mit dem Älterwerden. Wird eine Hündin vor Ende der Pubertät kastriert, hat das Auswirkungen auf ihre gesamte Entwicklung.
Risiko der Gebärmuttervereiterung
Neben dem Basiswissen zum Zyklus sollten Besitzer:innen von Hündinnen die Symptome einer Gebärmuttervereiterung erkennen. Eine Gebärmuttervereiterung, fachlich Pyometra genannt, tritt häufig innerhalb der ersten 2 Monate nach Beendigung der Läufigkeit auf und ist für die Hündin lebensbedrohlich.
Hat eine Hündin starken Durst, verweigert sie das Futter, wirkt sie apathisch oder hat übelriechenden Vaginalausfluss, sollte sie umgehend in die Tierarztpraxis. Eine akute Gebärmutterentzündung ist ein Notfall, der eine operative Behandlung nötig macht.