Hunde an der Leine zu führen gehört in jeder Fußgängerzone zum guten Ton. Auch in freier Natur herrscht während der Brut- und Setzzeit zwischen April und Mitte Juli Leinenpflicht für den Vierbeiner. Allerdings geht nicht jeder Hund bereitwillig an Leder- oder Gurtband, sondern muss im Welpenalter daran gewöhnt werden. Wie in allen Belangen der Hundeerziehung gibt es auch beim Leinentraining wichtige Punkte zu beachten.
Wer einen Hund in sein Leben lässt, steht zu Beginn bei der Erziehung vor entsprechenden Herausforderungen. Ob nun einfache Kommandos, die Führung an der Leine oder die Stubenreinheit: Fast überall müssen Halter und Hund lernen, auf einer Ebene zu kommunizieren. Aus diesem Grund ist es zu Beginn für das Herrchen bzw. Frauchen zusätzlich wichtig, einen Hund zu wählen, der auch charakterlich zu einem selbst passt. Ist diese Hürde gemeistert, folgen die täglichen Herausforderungen wie zum Beispiel die Leinenführung, an die ein Hund erst gewöhnt werden will.
1. Die Leine bedeutet etwas Positives
Nichts ist lästiger als wenn bereits der Griff zur Leine beim Hund den Fluchtreflex auslöst. Wer seinen Vierbeiner erst durch die Wohnung jagen muss, um ihn anzuleinen, verliert dabei jede Lust auf den Spaziergang. Aus Hundesicht ist eine solche Reaktion jedoch durchaus verständlich: Für viele Hunde bedeutet die textile Bande eine Einschränkung des Spaßpotenzials. Frei herumzutoben, zu jagen oder Passanten zu begrüßen ist an der kurzen Leine schließlich nicht möglich. Daher sollten Hundehalter die Leine von frühen Hundejahren an mit positiven Reizen koppeln. Das erreicht man, indem man den Hund nach dem Anleinen auch einmal zum Zerrspiel in der Wohnung auffordert oder ihm ein ganz besonderes Leckerchen gönnt. So prägt sich die Assoziation „Leine = Spaß“ ins Hundehirn und der Vierbeiner kommt schwanzwedelnd angelaufen, sobald Herrchen oder Frauchen nach der Leine greifen.
2. Der Halter bestimmt die Richtung
Hundehalter, die vom hündischen Ende der Leine über den Bürgersteig gezogen werden, wirken nicht nur überfordert, sondern empfinden den Hundespaziergang auch als äußerst stressig. Dabei sollten Hund und Mensch beim Gassigang idealerweise entspannt nebeneinander laufen und die Bewegung genießen. Dies kann nur funktionieren, wenn der Halter eine souveräne Stellung in der Hund-Mensch-Beziehung innehat und der Hund sich an ihm orientiert. Neu-Hundehalter sollten mit ihrem Welpen trainieren, an der Leine immer auf den menschlichen Partner zu achten:
- Schritt 1: Der Hund wird angeleint und einige Schritte durch eine möglichst ablenkungsarme Umgebung geführt.
- Schritt 2: Beginnt er, vorauszulaufen und an der Leine zu ziehen, sollte man seine Aufmerksamkeit zunächst durch Ansprache wecken.
- Schritt 3: Nimmt das Tier Kontakt zum Menschen auf und läuft wieder an dessen Seite, erhält es eine Belohnung durch Futter und verbale Bestätigung. Falls der Hund die Ansprache ignoriert, wechselt der Halter einfach die Laufrichtung, biegt entweder um 90 Grad ab oder kehrt auf dem Weg um.
- Schritt 4: Der Hund an der Leine folgt und merkt nach wenigen Richtungswechseln, dass der Mensch die Strecke vorgibt und es sich lohnt, ständig auf seine Bewegung zu achten.
Wichtig: Am Anfang ist ein Richtungswechsel zuweilen schon nach ein bis zwei Schritten nötig. Wer die Übung jedoch konsequent durchführt, erzielt schnell Erfolge.
3. Dem Hund „bei Fuß“ schmackhaft machen
Für das Laufen an der Leine empfiehlt es sich, mehrere Befehle einzutrainieren. Ein Wort wie „Lauf!“ markiert, dass der Hund am Wegesrand schnüffeln und auch einmal wenige Schritte vorauslaufen darf. Das Kommando „bei Fuß“ nutzen viele Halter in der Regel, um zu signalisieren, dass der Hund mit locker durchhängender Leine an der Seite des Menschen läuft. Gut einprägen lässt sich dieser Befehl mithilfe eines Futterbeutels, den der Hundehalter am Gürtel trägt
“Bei Fuß”: So funktioniert’s
Zeigt der Hund beim Leinentraining das gewünschte Verhalten, spricht der Halter den Befehl („Bei Fuß“) aus und belohnt seinen Vierbeiner gleichzeitig mit einer Kleinigkeit aus dem Futterbeutel. Wichtig für die Konditionierung: Der Hund muss erst von sich aus „bei Fuß“ gehen und erhält kurz danach das entsprechende Kommando plus Belohnung. Auf diese Weise verknüpft er die Verhaltensweise nach einigen Wiederholungen mit dem Befehl. Idealerweise sollte das Tier nicht bei jedem Durchgang eine Belohnung bekommen, sondern manchmal “nur” eine verbale Bestätigung und in anderen Fällen auch zwei oder drei Leckerlis. Diese Abwechslung macht das Training spannend und sorgt dafür, dass der Hund seine Motivation behält.
Notfallmaßnahmen bei freilaufenden Hunden trainieren
Eine besonders schmackhafte Leckerei eignet sich optimal für das Training eines „Notfall-Rückruf-Befehls“. Gerade Hunde, die einen starken Jagdinstinkt haben oder sich bevorzugt mit Hundekollegen raufen, lassen sich oft nur schwer im Zaum halten, wenn sie das Objekt ihrer Begierde am Horizont erblicken – insbesondere, wenn sie sich gerade im Freilauf bewegen. Daher ist es wichtig, immer vorausschauend unterwegs zu sein. Dennoch sollte man vorab auch ein Rückruf-Kommando einüben, das mit einer besonders ausgefallenen Belohnung bedacht wird. Dazu eignen sich etwa Leberwurst oder gekochtes Hähnchenfleisch in kleinen Portionen. Wichtig ist, dass die ausgewählte Delikatesse ausschließlich zur Belohnung des Notfall-Rückrufes eingesetzt wird. Hat ein Hund gelernt, dass ein bestimmtes Kommando eine exklusives Leckerli nach sich zieht, ist er im Notfall auch bereit, sich von Rehen oder anderen Rüden abrufen und anleinen zu lassen.
4. Für Härtefälle: Anti-Zug-Training
Manche Hunde reagieren nervös auf die Leine: Sie ziehen daran, beißen in den Gurt oder bellen lauthals, wenn sie beim Spaziergang an einem Menschen hängen. Zuweilen kommt dieses Verhalten bei ausgewachsenen Hunden aus dem Tierheim vor, die in ihrem Vorleben kein Gehen an der Leine kennengelernt haben. Doch auch dann gibt es Möglichkeiten, die Situation zu entspannen, wenn der Hundehalter die Nerven behält.
Das Training funktioniert wie folgt
Zieht der Hund an der Leine oder zeigt ein anderes unerwünschtes Verhalten, bleibt der Halter kommentarlos stehen. Daraufhin wird der Vierbeiner wahrscheinlich zunächst ein Repertoire an Ungezogenheiten auffahren: zerren, kläffen und winseln. Doch bei völligem Bewegungsstopp des Halters zeigt selbst der aufgeregteste Hund nach wenigen Minuten kurze Momente, in denen er ruhig steht oder sich sogar hinsetzt. Diesen kurzen Augenblick nutzt der Halter, um das Tier zu belohnen und einige Schritte weiterzugehen. Zieht der Hund erneut an der Leine, wiederholt sich das Prozedere.
Zwar schaffen es Halter in manchen Fällen nur 50 Meter in 30 Minuten zurückzulegen, doch Geduld lohnt sich. Der Hund lernt auf diese Weise, dass nur ruhiges Verhalten dazu führt, dass es vorangeht. Wichtig für den Halter: Diese Art des Trainings funktioniert nur, wenn man die Umgebung aus Passanten und Beobachtern komplett ausblenden kann. Profis suchen sich daher erst einmal eine abgelegene Waldstrecke. Den eigenen Frust müssen Hundehalter beim Training mit Problemhunden völlig ignorieren. Weder scharfe Ansprachen noch ruckartiges Reißen an der Leine sind angebracht. Stattdessen vermittelt der Mensch dem vierbeinigen Freund souverän: Ich bewege mich nur, wenn du gelassen an meiner Seite läufst.
5. Die richtige Ausrüstung für das Leinentraining
Für das Leinentraining ist eine kurze Führleine aus Leder oder Gurtband empfehlenswert. Eine Flexi-Leine, die unter Spannung steht, signalisiert dem Hund dagegen, dass Zug auf der Leine zur Normalität gehört. Das animiert zum Ziehen. Wer auf seine liebgewonnene Flexi-Leine nicht verzichten will, sollte sie mit Feststell-Knopf verwenden, damit sie locker durchhängen kann.
Hunde tragen beim ersten Leinentraining idealerweise ein gut angepasstes Geschirr. Gerade Hunde, die an der Leine wildes Verhalten zeigen, könnten sich andernfalls durch Reißen am Halsband verletzen. Auch ein jahrelanges Tauziehen zwischen Hund und Halter kann die Halswirbelsäule und die Luftröhre des Tieres schädigen, wenn es ein Halsband trägt. Hunde, die perfekt an der Leine laufen, nehmen dagegen durch ein Halsband keinen Schaden. Doch bis Mensch und Hund zum perfekten Gespann verschmolzen sind, braucht es Zeit und kontinuierliche Übung.
Fazit
Es zahlt sich aus, in jungen Hundejahren Energie und Geduld in das Leinentraining zu investieren. Auf lange Sicht erspart die Leinenführigkeit Tier und Mensch viel Stress und verringert Unfall- und Verletzungsrisiken. Dass manche Hunde es scheinbar nie lernen wollen, liegt weniger an der Intelligenz des Vierbeiners als am fehlenden Engagement seines menschlichen Partners.