“Ich habe einen drei Jahre alten Golden Retriever Rüden. Er ist ein ganz lieber Kerl. Aber sobald ich mit ihm spazieren gehe, macht er, was er will.
Er schnüffelt nur am Boden, zieht öfters an der Leine und hört nicht, wenn ich Ihn zurückrufe. Auch wenn andere Hunde uns entgegenkommen, ist er kaum zu bändigen. Andere Leute knurrt er öfters auch mal an. Ganz schlimm ist der Geruch von Hündinnen, da hört er gar nicht mehr. Er kann Fuß laufen, aber sobald ein anderer Hund vor uns die Strecke lang ist, hört er nicht mehr. An der Straße benimmt er sich super, aber sobald es einen Waldweg langgeht, schnüffelt er nur und achtet so gut wie gar nicht auf mich.
Ich unternehme sehr viel mit ihm. Natürlich ist er in der Woche tagsüber für einige Stunden allein, weil ich zur Arbeit bin, aber das stört ihn nicht, damit kommt er super zurecht. Er bleibt allein, ohne Unfug zu machen oder zu jaulen. Über ein paar Tipps würde ich mich sehr freuen.
Loreen mit Golden Retriever Flori (3 Jahre alt)
Die Expertin: Hund braucht Erziehung und Beschäftigung
Es scheint mir so, als bräuchte Flori noch eine gehörige Portion an Erziehung. Denn die Kür ist die Abrufbarkeit auch unter größter Ablenkung. Hier empfehle ich Ihnen ein gezieltes Rückruftraining. Und als Hilfsmittel würde ich die Schleppleine einsetzen. So haben Sie Ihren Golden Retriever stets unter Kontrolle und können das Herankommen auch konsequent durchsetzen. Hilfreich ist beim Rückruf auch die Konditionierung auf die Pfeife. Sie ist nicht nur über große Distanzen einsetzbar, sondern nimmt auch ein Stück Emotionalität raus. Denn wie oft ruft der frustrierte Hundehalter zig Mal und immer lauter werdend den Namen des Hundes und nichts passiert. Im Gegenteil, das Kommando inflationiert und für den Hund bleibt es am Ende die Standortbestimmung seines Menschen. Nach dem Motto “ich habe es gehört; ich weiß ja wo du bist; ich werde dich schon finden”.
Nasenarbeit als sinnvolle Auslastung
Ein weiterer Aspekt ist die Auslastung sowie die Orientierung. Aktuell hat Flori seinen Spaß draußen mit allem und jedem. Nur sein Frauchen lässt er links liegen. Das heißt, verlagern Sie die gemeinsame Beschäftigung nach draußen. Warum soll er sich an Ihnen orientieren, wenn alles andere viel spannender ist? Hier gibt es viele Möglichkeiten sich einerseits für den Hund interessant zu gestalten und anderseits ihn optimal auszulasten. Sei es die Dummy -oder Fährtenarbeit, das Mantrailing, ein Such-Verloren-Spiel oder aber die Zielobjektsuche, um nur einige Optionen zu benennen. Oder einfach auch mal nur mit dem Hund balgen. Wichtig ist, dass es ihnen beiden Spaß bereitet. Allerdings bei aller Beschäftigung muss ein Hund auch mal Hund sein dürfen. Egal ob intensiv Zeitung lesen, die Umwelt mit all seinen Gerüchen wahrnehmen oder mit Artgenossen nach Herzenslust toben.
Longieren ist gut geeignet für Flori
Mit Blick auf die Orientierung und Distanzkontrolle könnte auch das Longieren ein geeigneter Ansatz sein. Einblick und worauf es beim Longieren ankommt gibt beispielsweise die DVD von Anita Balser “Longieren mit Hunden”.
Was seine Reaktion auf die Hündinnen angeht, gilt es zu schauen, inwieweit und ob Flori überhaupt leidet. Es gibt Rüden, die wirklich auf jede Hündin reagieren und definitiv – trotz guter Abrufbarkeit – nicht mehr ansprechbar sind. Sie verweigern sogar die Nahrung, heulen und kommen einfach nicht zur Ruhe. In solch einem Fall könnte die Kastration helfen. Vor dem chirurgischen Eingriff würde ich dies aber immer zunächst mit dem Chip, der sogenannten Downregulation testen. Und in Ihrem Fall auch erst dann, wenn Ihr Hund am Ende trotz erfolgreicher Erziehung oben beschriebene Verhaltensweisen zeigt und eine entsprechende Anamnese diese dann medizinische Indikation nahelegt.
Ich wünsche Ihnen gutes Gelingen!
Ihre Christine Holst
Wichtiger Hinweis: Diese Beiträge ersetzen nicht den Gang zu einer Hundeschule oder einer kompetenten Fachperson. Die Antworten sollten vielmehr als erste Ratschläge dienen, um die Entwicklung des Hundes in die richtige Bahn zu lenken.