Fragt man Hundehalter:innen, aus welchen Gründen sie Sport mit ihrem Vierbeiner treiben, antworten die meisten: Aus Freude an der Bewegung und an der gemeinsamen Aktivität, zum Stressabbau und als Ausgleich zum Alltag. Grundsätzlich ist das körperliche Training gut geeignet, um etwas für die Fitness von Hund und Herrchen zu tun und überschüssige Energie loszuwerden.
Doch in der Realität sieht das leider manchmal anders aus. Auf dem Hundeplatz (und leider oft auch in der Hundeschule) kann man bei einigen Vierbeinern die typischen Anzeichen von Anspannung und Stress beobachten:
- Weit aufgerissene Augen
- Stressfalten unter den Augen und an den Maulwinkeln
- Vermehrtes Speicheln
- Unruhe und Nervosität
- Häufiges Schütteln und Bellen
- Starkes Hecheln
- Angespannte Muskulatur
- Übersprungshandlungen wie Beißen in die Leine, Zerstören von Spielzeug, ständiges Kratzen
- Gereiztes Verhalten gegenüber Artgenossen
Häufig werden diese Stress-Symptome mit der vielzitierten “Triebigkeit” verwechselt, die beim Hundesport meist erwünscht ist. Ein gewisses Level der Erregung ist im Hundesport sicher normal. Aber kann Hundesport auch chronischen Stress verursachen? Manchmal ist das leider der Fall. Chronischer Stress wirkt sich jedoch negativ auf die Gesundheit, das Wohlbefinden und die Lern- und Leistungsfähigkeit des Hundes aus.
Ursachen von Stress im Hundesport
→ Es ist immer lohnenswert, nach den Auslösern für den Stress beim Hund zu suchen. Grundsätzlich unterscheidet man zwischen körperlichen, sozialen, umweltbezogenen, leistungsbezogenen und psychischen Stressauslösern. Im Hundesport können alle Arten von Stressauslösern eine Rolle spielen, hier dazu einige Beispiele:
Körperliche Stressauslöser
→ Hat der Hund vielleicht Hunger oder Durst, leidet er unter Hitze oder Kälte? Ist er einfach vom Rennen aufgeputscht? Oder fühlt er sich körperlich überfordert? Hatte er zu viele Ruhephasen und will sich nun auspowern? Oder hatte er zu wenig Schlaf und ist nun überdreht? Vielleicht bereitet ihm das Training aber auch Schmerzen, weil er unter Rückenproblemen leidet?
Soziale Stressauslöser
→ Muss der Hund vielleicht zu lange oder zu oft im Auto oder in seiner Box warten? Oder fühlt er sich durch die vielen Hunde auf dem Hundeplatz verunsichert? Legt er viel Wert auf seine Individualdistanz, die ständig unterschritten wird? Vielleicht gibt es auch bestimmte Artgenossen, die sich ihm gegenüber aggressiv verhalten haben?
Umweltbezogene Stressauslöser
→ Sind die Hektik und der Lärmpegel auf dem Hundeplatz möglicherweise zu viel für den Hund? Leidet er angesichts der vielen Eindrücke unter Reizüberflutung? Oder hatte er vielleicht schon einmal ein negatives Erlebnis auf dem Hundeplatz, hat er sich beispielsweise an einem Sportgerät Schmerzen zugefügt?
Leistungsbezogene Stressauslöser
→ Fühlt sich der Hund körperlich oder geistig überfordert von dem Training? Oder fühlt er sich im Gegenteil unterfordert und langweilt sich? Spürt er den Leistungsdruck, der auf ihm lastet, oder ist er selbst zu ehrgeizig? Hat der Hund womöglich Angst, bestraft zu werden?
Psychische Stressauslöser
→ Viele Hunde reagieren mit Stress, wenn sie nicht wissen, was sie in einer Situation erwartet. Leidet der Hund vielleicht unter einer solchen Erwartungsunsicherheit? Ist der Hund grundsätzlich ein ängstlicher, sensibler Vertreter? Ist er durch bestimmte Faktoren frustriert, beispielsweise durch lange Wartezeiten? Oder hat sich etwas in seinem Trainingsablauf verändert, das ihn nervös macht?
Entspannung trainieren
Um dauerhaft gegen Stress vorzugehen, sind die Erforschung und das Beseitigen der Auslöser wichtig. Gleichzeitig kann es aber auch hilfreich sein, ein gezieltes Entspannungstraining mit dem Hund durchzuführen. Denn je entspannter der Hund ist, desto souveräner kann er mit Herausforderungen umgehen.
Grundsätzlich gibt es viele Möglichkeiten und Hilfsmittel, die den Hund dabei unterstützen, sich zu entspannen. Neben anderen gehören dazu:
- Tellington-Touch
- Massagen
- Akupressur
- Ostheopathie
- Aromatherapie
- Gegengeräusch-Therapie mit White Noise (Weißes Rauschen)
- Bodenarbeit
- Nasenarbeit
- Konditionierte Entspannung
- Thundershirt
- Pheromon-Therapie
- Bachblüten
- Biologische Medizin
- Homöopathie
Konditionierte Entspannung
Stress bedeutet Anspannung, und Anspannung ist das Gegenteil von Entspannung. Ein vielversprechender Ansatz, um Stress im Hundesport zu begegnen, ist die sogenannte konditionierte Entspannung. Mit den Mitteln der klassischen Konditionierung kann ein entspannter Zustand beim Hund an ein bestimmtes Signal gekoppelt werden. Wurde die Verknüpfung zuverlässig aufgebaut, kann Anspannung mit dem Entspannungssignal gezielt abgebaut werden.
Direkt vorweg: Konditionierte Entspannung ist kein Wundermittel. Es ist keine magische Zauberformel und kein Schalter, mit dessen Hilfe man hypernervöse Hunde jederzeit in dösende Lämmchen verwandeln kann. Aber das Entspannungssignal kann dabei helfen, den Hund in kritischen Situationen zu beruhigen und ansprechbar zu machen. So können hohe Erregung und stressbedingte Verhaltensweisen durchbrochen und umgeleitet werden.
Ein weiterer Vorteil: Das Entspannungssignal lässt sich auch als Alternative zu einem Abbruchsignal wie “Nein!” oder “Aus!” verwenden. Wurde das Entspannungssignal richtig aufgebaut, unterbricht der Hund das gezeigte Verhalten, um sich zu entspannten. So kannst du ihn schnell aus der Situation herausnehmen und ihm ein Alternativverhalten anbieten. Auf diese Weise wird weniger Frustration aufgebaut, als mit einem negativ belasteten “Nein!” oder “Aus!”
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