Müll vermeiden, Ressourcen sparen, neue Lösungen entwickeln: nachhaltig und umweltbewusst leben können wir auch als Hundehalter. Über das Wie und was sich in der Hundebranche in Sachen Nachhaltigkeit tut, haben wir mit Kinga Rybinska gesprochen. Sie beschäftigt sich seit einigen Jahren mit dem Thema, hat dazu ein Buch verfasst und vertreibt in ihrem Online-Shop nachhaltige Hundeprodukte.
Redaktion: Lena Schwarz
Was hat sich in der Hundebranche bereits Positives in Sachen Nachhaltigkeit getan?
In den vergangenen zwei Jahren ist das Thema Insektenfutter groß rausgekommen. Aufgrund der positiven Eigenschaften des Insektenproteins – sowohl gesundheitlich als auch ökologisch – hat der Trend ein großes Potenzial, den Fleischkonsum zu reduzieren und so einen wichtigen Umweltbeitrag zu leisten.
Grundsätzlich werden Tierhalter immer gesundheitsbewusster und kritischer. Die Nachfrage nach gesundem, naturnahem Futter und alternativen Therapiemitteln steigt. Es gibt immer mehr grüne Konzepte, Manufakturen und Shops, die aus Überzeugung verantwortungsvolle Produkte anbieten. Aber auch die großen Konzerne entdecken die neue, grüne Zielgruppe. Durch neue Futtersorten wächst auch das Bewusstsein der großen Masse, die eher werbegetrieben einkauft.
Als ich 2013 meinen Online-Shop startete, gab es kaum Marken, die wirklich nachhaltig produzierten. Die meisten Spielzeuge, Decken, Leinen & Co. stellte ich selbst aus Stoffresten und Recycling-Materialien, später aus Bio-Stoffen, her. Bei vielen anderen Produkten musste ich noch Kompromisse machen, wie etwa bei der Plastikverpackung. Die Auswahl wird heute aber immer größer.
Hat sich ihr Verständnis von Nachhaltigkeit mit der Zeit verändert?
Ja. Als ich begann, mich mit dem Thema zu beschäftigen, war ich wie vor den Kopf gestoßen. Das Ausmaß der Industrialisierung, Chemiebelastung und umweltzerstörerischen Einflüsse in so gut wie jedem Lebensbereich ist erschreckend. Anfangs wollte ich alles sofort ändern und war dauernd frustriert, weil man alleine kaum etwas erreichen kann. Mit der Zeit bin ich ruhiger geworden und spare die Kräfte für sinnvolle Sachen, statt gegen die Windmühlen zu kämpfen.
Der Markt macht es uns heute deutlich einfacher: Es gibt Zahnpasta im Glas, Toilettenpapier ohne Plastikfolie und der Trend greift auch auf die Hundebranche über. Kauartikel für den Hund sind jetzt auch ohne Kunststoffverpackung zu haben und in den BARF-Shop geht man mit eigenen Behältern. Wenn man will, kann man heute schon ziemlich nachhaltig leben.
Eine andere Erkenntnis aus der Zeit der Recherche an meinem Buch war: 100 % grün zu leben ist in der heutigen Welt ausgeschlossen. Man muss permanent Kompromisse machen. Der typischste: Was ist besser – konventionelles Gemüse mit Pestiziden oder Bio in Plastik? Tierleidfreies Leder, dafür aber mit Erdöl hergestellt. Von solchen Dilemmata gibt es unzählige Beispiele.
Sind Ihnen vielversprechende Verpackungsvarianten begegnet, die den Einsatz von Plastik, Dosen etc. reduzieren können?
Versenden kann man mittlerweile problemlos ganz ohne Plastik – es gibt gutes Papierklebeband und robuste Rechnungstaschen aus Papier. In meinem E-Shop gehe ich noch weiter und verwende nur gebrauchte Kartons und Füllmaterial.
Mit viel Hoffnung schaue ich auch auf die kompostierbaren Verpackungsmaterialien aus Stroh, Heu und Hanf, die das Potenzial haben, Styropor zu ersetzen. Sie haben genauso gute Isolierfähigkeit, sind aber sehr umweltfreundlich. Das wäre endlich eine ökologische Alternative für alle Barfer, die online bestellen.
Das größte Problem bietet nach wie vor das Trocken- und Nassfutter – zurzeit gibt es keine praktikable Alternative zur Tüte oder Dose: Fettflecken und schwindende Feuchtigkeit sind bei Papierlösungen immer noch ein Problem. Es gibt aber erste gute Alternativen, wie papierähnliche Tüten aus Bioabfällen. Zellulose wird für die Innenbeschichtung verwendet – das hat ebenfalls großes Potenzial, wenn die Futterproduzenten bereit sind, etwas mehr für die Verpackung zu bezahlen. Im Bereich der Pflege- und Therapiemittel findet man immer mehr Produkte im Glas.
Welche Tipps geben Sie Hundefreunden, die sich umweltfreundlicher aufstellen möchten?
1) KRITISCH BLEIBEN: Nicht auf die bunten Werbeversprechen, sondern auf die Deklaration der Zutaten achten.
2) ZURÜCK ZUR NATUR: Der gesunde Menschenverstand ist dabei der beste Berater. Wir rennen auch nicht beim ersten Durchfall panisch zum Arzt und schlucken auch nicht Chemiekeulen, nur, weil es potenziell möglich wäre, dass wir in Kontakt mit Krankheitserregern kommen.
3) COOL BLEIBEN: Langsam anfangen und kleine Schritte gehen, um der Frustration keinen Platz zu lassen und die Lust nicht zu verlieren. An kleine Veränderungen gewöhnt man sich leichter und schneller als an eine Schocktherapie.
Wie handeln Sie selbst als umweltbewusste Hundehalterin?
Ich habe die Fleischmengen, die meine Hunde bekommen, reduziert. Wir haben 1-2 vegetarische oder vegane Tage die Woche – zur Entlastung des Körpers und der Umwelt.
Die meisten chemischen Präparate haben ihr Pendant in der Natur – sie ahmen in der Regel die Wirkung von Pflanzen nach. Ich habe jegliche synthetisch hergestellten Chemiemittel aus meinem Haushalt verbannt. Ich wasche meine Hunde so gut wie nie, wenn ich das aber muss, verwende ich nur Naturseife.
Wenn ich Mittel verwende (wie z. B. organischen Schwefel), die im Glas nicht erhältlich sind, verwende ich die leeren Plastikbehälter weiter – als Aufbewahrungsdosen für Schrauben, Nägel usw.
Seit Jahren verwende ich Spielzeug aus Naturkautschuk oder Kauwurzel bzw. Kaugeweih. Sie enthalten keine Weich- und Hartmacher sowie andere krebserregende Substanzen. Und ich bin seit Jahren im Tierschutz engagiert, unterstütze viele Organisationen mit Geld, Sachspenden und Zeiteinsatz und bin eine Verfechterin der Adoption.
Kinga Rybinskas Buch „Grüner Hund: Handbuch für nachhaltiges Hundeleben“ erscheint im Spätsommer/frühen Herbst 2020 in einer überarbeiteten Neuauflage.